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09.06.2012

MEEDIA

„Closer ist das aggressivste Printobjekt“

Mit dem erneuten Abdruck eines Fotos von Günther Jauch und seiner Ehefrau trotz eines gerichtlichen Verbots hat die Bauer-Zeitschrift Closer diese Woche eine Mediendiskussion ausgelöst. Das Magazin beruft sich auf die Pressefreiheit, Jauchs Anwalt Christian Schertz hält die dabei angeführten Argumente des Verlags für "lächerlich" und wertet den Vorgang als "untauglichen Versuch, einen erfolgten Rechtsverstoß im Nachhinein zu rechtfertigen". Der Jurist wirft dem Blatt zudem "kalkulierten Rechtsbruch" vor.

Von Georg Altrogge

Über den ungewöhnlichen Fall, dass ein Magazin trotz einer vom Landgericht Köln erlassenen Einstweiligen Verfügung ein Foto erneut druckt – wenn auch in einem anderen Textzusammenhang – berichtete am Dienstag die Süddeutsche Zeitung. Das Bild dokumentierte ein Abendessen im Berliner Restaurant "Grill Royal", bei dem neben den Jauchs auch das Ehepaar Gottschalk sowie Außenminister Guido Westerwelle und sein Lebensgefährte Michael Mronz am Tisch saßen. Headline der Story: "Das perfekte private Promi-Dinner", Unterzeile: "Nach dem Aus seiner Show: Der Moderator unterwegs in Berlin." Erschienen ist der Artikel in Heft 19 (EVT: 2. Mai).
Nach Auffassung von Anwalt Christian Schertz handelt es sich dabei ausschließlich um privaten Kontext. So richte sich das gerichtliche Verbot gegen die Beschreibung der Menu-Abfolge im Restaurant und das Foto, welches von außen durch die Scheibe hindurch hergestellt worden ist und die Mandanten beim privaten Abendessen zeigt. "Derartiges war schon immer verboten," sagt Schertz. Der Berliner Anwalt klagte auf Unterlassung – und bekam vorm Landgericht Köln recht.
Dass ein Medienhaus gegen einen solchen Entscheid vorgeht, ist nichts Ungewöhnliches. Aber zugleich geht Bauer publizistisch in die Offensive, druckt das Foto in dieser Woche noch einmal ab und stellt es in einen neuen Zusammenhang: "Günter Jauch: Wie glaubwürdig ist er jetzt noch?" Aus der Gottschalk-Story (die diesen auch noch beim Ikea-Einkauf zeigte) wird jetzt eine Geschichte über die möglicherweise zu große Nähe des ARD-Polittalkers Jauch zu seiner Klientel, in diesem Fall zum FDP-Bundesminister. Die an den Moderator gestellten Fragen zu seinem Verhältnis zu Westerwelle (u.a. wer die Rechnung im Restaurant bezahlt habe) beantwortete Jauch nicht. Aus Sicht von Schertz handelt es sich um "einen reinen Alibi-Fragebogen", der "nachgeschoben" wurde.
Die Rechtsabteilung der Bauer Media Group geht davon aus, dass beide Foto-Veröffentlichungen rechtmäßig seien und will dies gerichtlich durchfechten. Schertz hält die Begründung für den neuerlichen Artikel für "konstruiert und nicht nachvollziehbar". Closer sei schließlich nicht dafür bekannt, gesellschaftspolitische Debatten anzustoßen oder abzubilden: "Die Argumente sind lächerlich." Tatsächlich sei das People-Magazin für den Abdruck von "Abschüssen von deutschen Promis" im privaten Umfeld bekannt und zwar in "einer Weise, wie wir sie lange nicht erlebt haben". Closer sei im Augenblick das "aggressivste Printobjekt, was Verletzungen von Persönlichkeitsrechten angeht in Deutschland". Dies müsse auch entsprechend "rechtlich beantwortet" werden.
Für beide Parteien ist es ein Präzedenzfall. Das im Februar dieses Jahres gestartete Magazin setzt wie sein englisches Vorbild auf Stories von heimischen Promis und blendet die üblichen internationalen Verdächtigen der People-Magazin aus Hollywood & Co. aus – ein Konzept, das in England glänzend funktioniert und auch hierzulande nach den ersten Verkaufseindrücken das Zeug zum Topseller hat. Das funktioniert um so besser, je weniger Limits der Redaktion bei ihrer Berichterstattung über Prominente gesetzt werden. Ein dauerhaftes weitreichendes Verbot des Abdrucks von Fotos bekannter Personen an öffentlichen Plätzen wäre da eine empfindliche Einschränkung. Zugleich geht es für den Medienanwalt darum, Richtungsentscheidungen vor Gericht zu erwirken. "Closer verletzt nahezu wöchentlich Persönlichkeitsrechte meiner Mandanten", sagt Schertz. Er unterstellt dabei einen "kalkulierten Rechtsbruch". Das erinnere ihn an frühere Zeiten, wo Verlage die Rechts- und Anwaltskosten gegen die Mehrverkäufe durch solche Stories abgewogen hätten.
Für ein Dutzend seiner Mandanten habe er bereits außergerichtliche oder gerichtliche Verfahren gegen Closer anstrengen müssen, darunter seien neben Fotos beim Shopping auch Bilder gewesen, die Prominente mit ihren Kindern z.B. auf einem Spielplatz gezeigt hätten. Auch die Fotos, die Thomas Gottschalk bei Ikea zeigten, hat das Gericht "kassiert" und eine entsprechende Verfügung erlassen. Ob er gegen den neuerlichen Abdruck des Jauch-Fotos eine Einstweilige Verfügung anstrebt, will Schertz erst noch prüfen. Zunächst gehe es darum zu klären, ob die Veröffentlichung nicht bereits ein Verstoß gegen die EV des Landgerichts Köln darstelle – was für Closer teuer werden könnte.
Schertz ist optimistisch. Bisher habe er in allen Fällen, in denen er vorgegangen ist, entweder eine Unterlassungserklärung durchsetzen können oder eine Einstweilige Verfügung. Dass im Fall des Jauch-Fotos das laufende Gerichtsverfahren am Ende auch zugunsten von Bauer ausgehen könnte, hält der Hamburger Medienanwalt Dirk-Hagen Macioszek dagegen für durchaus möglich. Er sagt: "Unabhängig von dem Kontext der Textberichterstattung enthält das Foto bereits allein so viel Informationen, dass es in jedem Falle veröffentlicht werden kann beziehungsweise werden darf. Hier sitzen drei der prominentesten Deutschen zusammen, darunter der Außenminister u. Deutschlands prominentester Polittalker. Die Gruppe hat sich auch keinesfalls zurückgezogen, sondern sitzt im Schaufenster eines der bekanntesten Restaurants in Berlin. Es wäre ein Skandal, dieses Foto nicht veröffentlichen zu dürfen oder die Veröffentlichung gerichtlich endgültig zu verbieten." Der Streit könnte demnach bis zur endgültigen Klärung durch mehrere Instanzen laufen.

http://meedia.de/2012/06/09/closer-ist-das-aggressivste-printobjekt/



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