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Finanzen + Versicherungen

Recht 
Montag, 25.06.2018

Anforderungen an die Belehrung über die Folgen der Anzeigepflichtverletzung

Der Fall

Die Klägerin war als Flugbegleiterin tätig gewesen. Sie begehrte die Feststellung, dass ihre seit mehreren Jahren bei dem beklagten Versicherer bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung fortbestand. Der Versicherer hatte sich auf den Standpunkt gestellt, der Vertrag sei durch Anfechtung, Rücktritt oder Vertragsanpassung seitens des Versicherers beendet worden.

Die Entscheidung

Das OLG gab der Klägerin Recht und hob auf folgende Punkte ab, die exemplarisch für rechtlich nicht ausreichend untermauerte Gestaltungsrechte wie Anfechtung, Rücktritt und Vertragsanpassung sind:

Voraussetzung für das Vorliegen von Falschangaben, die eine Anfechtung des Versicherungsvertrages begründen, ist, dass der Versicherungsnehmer gefahrerhebliche Umstände kennt, sie dem Versicherer wissentlich verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass dieser sich eine unzutreffende Vorstellung über das Risiko bildet. Dadurch muss der Versicherer in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst worden sein.

Die grundsätzlich weit gefasste Offenbarungspflicht des Versicherungsnehmers findet ihre Grenze bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind oder nach kurzer Zeit wieder vergehen. Die Klägerin hatte ein Schulter-Nacken-Syndrom geschildert und dies plausibel mit dem Herumtragen ihres Kindes erklärt. Nach Auffassung des OLG handelt es sich um eine belanglose Gesundheitsbeeinträchtigung.

Ein auf diese Erkrankung gestütztes Rücktrittsrecht des Versicherers kam laut OLG ebenfalls nicht in Betracht. Das Rücktrittsrecht sei nach § 19 Abs. 4 VVG ausgeschlossen, wenn der Versicherer den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Konditionen, abgeschlossen hätte. Laut Aussage eines Zeugen war im Antrag lediglich ein Ausschluss für "Rücken und Wirbelsäule" hinzugefügt, der Vertrag im Übrigen aber unverändert abgeschlossen worden.

Ferner konnte der Versicherer keine auf die Verletzung von Anzeigenpflichten gestützte rückwirkende Vertragsanpassung geltend machen, da die im Antragsformular enthaltene Rücktrittsbelehrung unwirksam war. Das Erfordernis einer gesonderten Mitteilung über die Folgen einer Anzeigeverletzung wäre bei einer Belehrung auf dem Antragsformular nur gewahrt gewesen, wenn sie in unmittelbarer Nähe zu den Gesundheitsfragen erfolgt und drucktechnisch so hervorgehoben worden wäre, dass sie ein durchschnittlich aufmerksamer Versicherungsnehmer schlechthin nicht übersehen konnte.

Schließlich war die Belehrung über ein Vertragsanpassungsrecht des Versicherers nach § 19 Abs. 5 VVG unwirksam, da sie keinen Hinweis darauf enthielt, dass eine Vertragsanpassung nicht nur zu einem rückwirkenden Beitragszuschlag, sondern auch zu einem rückwirkenden Risikoausschluss führen konnte.

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